Der Dorfkern von Bovenau
Noch heute ist der ehemalige Dorfkern von Bovenau gut zu erkennen. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen historischen Dorfkernen weist dieser eine Besonderheit auf. Die öffentlichen, allen Bürgern zugänglichen Gebäude konzentrieren sich hier an einer Stelle: Kirche einschließlich Kirchhof und Pastorat, Kirchspielkrug und Schule.
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Dies erklärt sich dadurch, dass sich Bovenau bis 1929 aus 4 Gutsbezirken zusammensetzte, die wirtschaftlich und kulturell den Ton angaben. Man benötigte quasi eine "Zentrale", die nahe der Kirche entstand und von den Gutsbesitzern aufgesucht wurde, um u. a. Verwaltungsangelegenheiten zu regeln.
Seit dem Mittelalter übten die Eigentümer von Osterrade, Kluvensiek, Groß Nordsee und Kronsburg das Patronatsrecht aus; sie verpachteten z. B. den Krug, die Mühle und die Schmiede. Auch das Schulwesen wurde durch dieses Recht geregelt; die Patrone schlugen Lehrkräfte vor und stellten sie ein.
1913 löste sich Groß Nordsee aus diesem "Verbund" und wurde Flemhude zugeordnet, während für die übrig gebliebenen Güter das Patronatsrecht weiter Bestand hatte, für Kluvensiek gilt es - allerdings in gemäßigter Form - bis heute.
Nähert man sich dem Dorfkern aus Richtung Rendsburger Straße / Kieler Straße, beherrscht rechter Hand eine große Hofanlage von 1837 das Bild zwischen Kieler Straße und An der Kirche. Trotz einer Reihe von Veränderungen - z. B. ersetzt eine harte Dacheindeckung das ehemalige Reetdach - kann man die ursprünglich dörfliche Atmosphäre noch wahrnehmen.
Im weiteren Straßenverlauf "An der Kirche", der in den historisch bedeutendsten Teil des Dorfes überleitet, befindet sich - ebenfalls rechterhand - die ehemalige Schule von Bovenau.
Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut, war dies lange Zeit der Standort der Schule, bis 1955 ein Neubau im Ortsteil Wakendorf entstand. Zwischenzeitlich als Schwestern- und Küsterhaus genutzt, dient das Gebäude heute ausschließlich Wohnzwecken. Der eingeschossige Backsteinbreitbau mit reetgedecktem Krüppelwalmdach und halbrund übergiebeltem Eingangstor an der westlichen Längsseite ist leider durch einscheibige Fenster beeinträchtigt worden.
Allerdings war dies nicht die erste Schule von Bovenau. An gleicher Stelle wurde bereits 1639 eine Lehranstalt gegründet. Wie bei vielen anderen Schulen handelte es sich auch hier um eine Küsterschule, d. h. der Organist und Küster übte gleichzeitig den Lehrerberuf aus; auch gewohnt wurde im Schulgebäude.
Gegenüber der Schule präsentiert sich hinter einer platzartigen Aufweitung der ehemalige Kirchspielkrug. Das Gebäude wurde im Stil der Schleswig-Holsteinischen Heimatschutzarchitektur errichtet, nachdem 1928 der alte Bau ein Opfer der Flammen wurde.
Dieser Bau verleiht dem Gesamtensemble "alter Dorfkern" durch seine in jüngster Zeit vorbildlich vorgenommene Gesamtsanierung einen besonderen Wert. Der innenräumlich umgestaltete Bereich wird heute vorrangig von der Strathmann AG, die auch für die Wiederherstellung verantwortlich zeichnet, für Veranstaltungen genutzt. Höhepunkt des historischen Dorfkerns bildet zweifelsohne die alte Kirche einschließlich des sie umgebenden Kirchhofes mit zahlreichen wertvollen Grabanlagen, Gedenksteinen sowie einem herrlichen alten Baumbestand. Auch die Einfriedung aus Granitquadersteinen, die Kirchhofzugänge sowie das alte Pastorat einschließlich Gemeindehaus und Pastoratsstall verdienen besondere Erwähnung.
Hinzuweisen sei noch auf die gut erhaltenen Mausoleen der Familien Hoenck (1909) und Stauffer und auf das Denkmalensemble für die Gefallenen beider Weltkriege, das erst kürzlich saniert und durch ein Mahnmal, "den Opfern von Hass - Gewalt und Gleichgültigkeit" gewidmet, spannungsvoll erweitert wurde.
Alle oben genannten Gebäude sind bereits vom Landesamt für Denkmalpflege erfasste einfache Kulturdenkmale, einige von ihnen sogar in das Denkmalbuch eingetragene Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung. An dieser Tatsache mag man erkennen, um welchen kulturhistorischen "Schatz" es sich beim Bovenauer Dorfkern handelt.