Der Schleswig-Holsteinische Kanal / Eiderkanal - Dosenrade

Kulturlandschaft-historisches Gutachten von Barbara Runtsch, Hamburg, September 2001



Grabungsarbeiten
Da die Grabungen für den Kanal in weiten Abschnitten in feuchten Niederungsbereichen stattfanden, waren die Arbeiten oftmals mit schwierigem Baugrund konfrontiert. Die vorgefundenen Bodenverhältnisse wurden 1802 folgendermaßen beschrieben:

‚Der Boden, in welchem der Kanal ausgetieft worden, ist mit Ausnahme der durchschnittenen Sandberge, größtenteils weiches, lockeres, angeschlämmtes Erdreich, oberflächlich sandig und gemischt, in der Tiefe meistens etwas lehmartig, und zum Theil mit Feldsteinen und Kieseln, befunden. Die beschwerlichste Stelle ist eine Strecke Moorgrund gewesen, wo das Ufer mit dem Zugweg nicht stehen wollen. Durch Erweiterung des Kanals, sehr flache Böschungen, einige Buschbetten, und kleine Entwässerungsgräben hat man die Schwierigkeiten glücklich überwunden. Der Hr. General-Major von Peymann rühmt vorzüglich den Nutzen der kleinen Gräben, womit der Morast durchschnitten und ausgetrocknet worden.'
(WOLTMANN 1802, zitiert in: MCV Nr.3, 1982, S. 29)

Auf die Notwendigkeit, an besonders schwierigen Stellen mit künstlicher Uferbefestigung zu arbeiten, wird auch in einer Schrift zum hundertjährigen Gedenktag der Kanal-Eröffnung hingewiesen:


‚Der Untergrund und das Quellwasser machten viel zu schaffen: an einigen Stellen lagen außerordentlich viele Steine, andern trieb das im Untergrund vorhandene Moor immer wieder in die Höhe. An den morastigen Stellen wollten auch die Dämme zu beiden Seiten des Kanals sich nicht halten und es mussten dieselben durch starke Faschinenpackwerke befestigt werden.'
(zitiert in: STADT RENDSBURG, 1984, S.11)


Die Schleusen mussten besonders gegründet werden. Pro Schleuse wurden für die Pfahlgründungen 1.600 Buchenpfähle verwandt (vgl. JUNGJOHANN+HOFFMANN+KRUG, 1982, S. 31).

Einen anschaulichen Eindruck von den Schwierigkeiten der Bauarbeiten vermittelt folgende zeitgenössische Schilderung:

Der Schleswig-holsteinische Kanal ist gezogen worden in mehreren Gegenden durch ganz weiche, beinahe ganz flüssigen Moorerde und die Erfahrung hat hier gezeigt, dass es nicht so ganz leicht war, die rechten Mittel zum Zweck zu finden. Es wurden allerlei Versuche gemacht, unter anderem auch der - die Ufer mit Pfählen zu befestigen, welches an mehreren Stellen mislang; der Druck von der Außenseite war zu stark. -- Endlich ward folgendes verfahren, als das beste und nicht fehlgeschlagene, beibehalten. Der Kanal wurde in seiner ganzen Breite bis auf eine gewisse Tiefe ausgegraben, so tief nämlich, bis man merkt, dass der Druck an den Seiten das Erdreich einwärts zu treiben anfing. Alsdann lies man in ungefähr perpendikulärer Richtung in das weiche Erdreich Graben von bis 6, auch wohl 8 Fuß breit, seitwärts weit hinausziehen. Diese Graben waren manchmal nur 68 bis 69 Fuß von einander entfernt. Durch diese kleinen Kanäle wurde das Wasser aus dem weichen Erdreich abgezapft, und so trieb dieses nicht mehr nach dem großen Kanal hinein, sondern senkte sich allmählich gerade nieder. Darauf wurde der Kanal wieder tiefer gemacht (…).
Auf diese Weise ging die ganze Arbeit glücklich vonstatten, obschon das Erdreich so weich war, daß die ganze Moorwiese in der Nähe des Kanals sich über 6 Fuß tief, bis unter den bestimmten Wasserspiegel des Kanals senkte, wodurch man eigentlich genötigt war, das Trottoir längs dem Kanal wieder aufzutragen. Um zu verhindern, daß diese Erhöhungen seitwärts nach einer oder der anderen Seite getrieben werden mögten, lies man von Strecke zu Strecke Öffnungen mit Brücken, oder man legte offene Siele, wodurch das Wasser in dem Kanal mit dem Wasser hinter dem Trottoir in beständig gleicher Höhe blieb, und sonach kein einziger Druck entstehen konnte. Auf diese letzte Weise sind auch andere erhöhte Stellen des Trottoirs und zwar an solchen Stellen des Kanals wo das Wasser mit dem Meer unmittelbar zusammenhängt, und daher bald hoch, bald niedrig steht, vollkommen zum stehen gebracht worden, d.h. sie können nicht mehr seitwärts sich verschieben, wenn sie auch hier und da noch etwas sincken.
 Im festeren, sogenannten steifen Moor hat die Sache nicht soviel zu bedeuten, und doch darf man auch hier bei grossen und tiefen Kanälen nicht zu sicher sein. In dem Kanal, wovon hier die Rede ist, war eine Strecke dieses Moorgrundes, wo ungefähr 18-20 Fuß tief gegraben werden musste. Hier ging die Arbeit bis auf ungefähr 14-16 Fuß ganz gut fort, und die damals noch terrassenförmigen Ufer standen sehr fest und gut. Plötzlich aber fingen diese Ufer an zu wanken, parallel mit der Lage des Landes zu spalten und nach der Tiefe zu treiben. Man bemerkte aber hier alsbald, daß die Spalten voll von Wasser waren, und als nun dieses sogleich durch Seitengraben abgezapft wurde, setzten sich die Ufer und es ereignete sich weiter kein Unfall. …


(aus: Wie der S-H Kanal durch vorgekommene Moorgründe geführt worden /in: Schleswig-holsteinische Blätter für Polizei und Kultur, 1799, 1, S. 215 ff)